#GLORE50 Monthly – China macht es Onlinehändlern schwer

DIE #GLORE50 PERFORMANCE

Der Juli war für die GLORE50 ein durchwachsener Monat, mit dem Monatsschlusskurs von 286,30 Euro gab’s ein Minus von 6 Prozent gegenüber dem Juni 2021. Die GLORE50 gingen damit wieder zurück auf das Niveau vom Jahresanfang, sie liegen aber noch immer knapp 19 Prozent im Plus seit Beginn des neuen Fonds-Jahres am 1. Oktober 2020. 

Über einen längeren Zeitraum betrachtet gab’s ein Plus von 33,4 Prozent innerhalb eines Jahres – und in den letzten drei Jahren legten die GLORE50 um 96,3 Prozent zu. Heißt: Wer seit drei Jahren dabei ist, hat seinen Einsatz nahezu verdoppelt.

Zugleich lässt sich feststellen, dass der Kurs der GLORE50 seit Anfang des Jahres mit starken Ausschlägen nach oben und unten verläuft: Gab es nach einem starken Anstieg in den ersten sechs Wochen des Jahres Mitte Februar ein neues Allzeithoch von 334,79 Euro, so verläuft der Kurs seitdem im Zickzack immer mal wieder nach unten – und dann wieder nach oben

Die Fonds-Entwicklung zeigt dieses Chart:

GLOBAL ONLINE RETAIL – EUR ACC WKN A14N9A | ISIN: DE000A14N9A9

ein- und Aussteiger in die glore50

Neu in den GLORE50 vertreten ist jetzt Kogan, einer der E-Commerce-Marktführer in Australien. Das Unternehmen ist in den letzten beiden Jahren nicht zuletzt durch die Übernahme von Mighty Ape rasant gewachsen und der Umsatz stieg von umgerechnet 274 Mio. Euro auf 488 Mio. Euro. Kogan ist in Australien als Elektronikversender zwei Jahre nach Catch of the Day an den Start gegangen (siehe die Exchanges #281: Was wir von der Catch-Unternehmensgeschichte lernen können) und hat dort gerade seinen 15. Geburtstag gefeiert.

Kogan ersetzt in den GLORE50 das chinesische Unternehmen Mogu, das mit einem Kursminus von 52 Prozent seit Beginn des sechsten Fondsjahrs der größte Verlierer war. Binnen 12 Monaten hat sich der Kurs von Mogu sogar halbiert. Das Unternehmen befindet sich weiter im Umbau („Mogu auf dem Weg zum reinen Live Shopping Anbieter“), muss diesen Weg aber vorerst ohne uns weitergehen. 

gewinner und Verlierer im juli

Wer waren die Gewinner und Verlierer im Juli – und was prägte die Kurse? Es waren weniger die Quartalszahlen, die den Monat geprägt haben, als die Lage in China, wo die Staats- und Parteiführung ihre Tech-Unternehmen zunehmend an die Kandare nimmt. Dadurch litten auch die in den GLORE50 enthaltenen E-Commerce-Player aus China:

  • Alibaba (-15%) 
  • JD (-10%)
  • Tencent (-18%)
  • Pinduoduo (-28%)

Mogu aus China verlor sogar 30 Prozent, was aber auch an den operativen Problemen des Unternehmens liegen dürfte.

Die großen Gewinner waren im Juli die beiden Neuzugänge Deliveroo (+15%) und Claranova (+15%), das wir zuletzt intensiv beleuchtet haben („Wie es für Online-Player auch mit der App klappt“). Dahinter folgen mit Abstand Naked Wines (+9%), Zooplus (7%) und Chewy (+6%).

Am stärksten verloren haben hingegen Marley Spoon (-31%), das zwar große Ambitionen hat, aber zur Zeit Probleme in den USA (PDF), sowie Mogu (-30%), Pinduoduo (-28%), Jumia (-27%) und Wish (-25%).

Aus Sicht des aktuellen Fonds-Jahrs (seit 1. Oktober 2020) hat weiter Cnova (+215%) die Nase vorn vor Revolve (+123%). Dahinter folgen Zooplus (+70%), die Sea Group (+43%) und Naked Wines (+31%). 

Die Schlusslichter bilden Mogu (-52%), Pinduoduo (-48%), Jumia (-48%), AO (-45%) und Redbubble (-42%).

Wichtige E-Commerce-News aus dem juli 2021

  • Amazon stößt im Handelsgeschäft an Wachstumsgrenzen: Im vergangenen Quartal gab es dort nur noch ein Umsatzplus von 13 Prozent, in den vorangegangenen beiden Quartalen waren es noch jeweils mehr als 40 Prozent. Die Abschwächung war umso überraschender, weil der bisherige Umsatzmotor „Prime Day“ in das vergangene Quartal fiel, an dem Amazon besonders stark mit Sonderangeboten wirbt. Der Aktienkurs gab deswegen zwischenzeitlich um rund 10 Prozent nach. Nun steht der Kurs wieder dort, wo er vor einigen Monaten stand – der zwischenzeitliche Höhenflug hatte wohl keine tiefere Erklärung. Stärkere Wachstumstreiber für Amazon sind hingegen das Marktplatzgeschäft (+34%), die Amazon Web Services (+ 37%) und das Werbegeschäft, das im Segment Sonstiges (+ 83%) geführt wird. 
  • About You hat erstmals seit dem Börsengang Quartalszahlen vorgelegt: Im Zeitraum März bis Mai 2021 gab’s einen Umsatzsprung von 65,5 Prozent auf 422,1 Millionen Euro. Kundenseitig kratzt About You an der 10 Millionen Marke, hat allerdings aufgrund der vielen Neukunden noch vergleichsweise geringe Wiederbestellraten. Die Modeplattform peilt für 2025 einen Jahresumsatz von 5 Milliarden Euro an.
  • Nach zwei großen Übernahmen im letzten halben Jahr zeigt sich die Bygghemma Group (BHG) jetzt im Heimwerker- und Möbelmarkt angriffslustiger denn je. So hat BHG – als „#1 Nordic consumer e-commerce company“ – in den letzten 12 Monaten erstmals Umsätze von mehr als 1 Mrd. Euro erzielt und sich zugleich für weitere Übernahmen gerüstet
  • An der Börse schlägt Revolve gerade alles und ist im sechstes GLORE-Fondsjahr aktuell unsere Nummer 2 bei der Kursentwicklung. Revolve wird mit einem Bruchteil der Umsätze mittlerweile ähnlich hoch bewertet wie ein Asos, ein Boohoo oder ein About You. Auch wenn die Umsätze coronabedingt zurückgegangen sind, ist die auch vorher schon sehr ansehnliche Profitabilität in dieser Zeit sogar noch gestiegen auf zuletzt 13 Prozent EBITDA-Marge.
  • HelloFresh will künftig nicht mehr nur in den Benelux-Ländern, sondern auch in den USA Woche für Woche mehr liefern als nur Kochboxen, nämlich zusätzlich auch „Everyday Essentials“. Kundinnen und Kunden können ihre wöchentliche Kochboxen-Bestellung somit künftig um Frühstück, Fertiggerichte oder Alltagsgegenstände – wie frische Produkte, Snacks, Desserts, Beilagen, Gewürzmischungen, Lebensmittelbedarfsgegenstände und mehr ergänzen. Perspektivisch peilt HelloFresh ein Sortiment von 1.500 bis 2.000 dieser Ergänzungsartikel an.
  • Der US-Secondhand-Anbieter ThredUp will in Europa expandieren und übernimmt dazu Remix aus Bulgarien. Wenige Monate nach dem Börsengang will sich ThredUp zu diesem Zweck frisches Kapital an der Börse holen. 
  • PlanetArt-Mutter Claranova ist einer der Neuzugänge der GLORE50 der letzten Monate. Spannend ist, wie PlanetArt die App-Angebote so schneidert, dass das Gratisangebot attraktiv ist, dabei aber immer auch Lust macht auf zusätzliche Bestellungen. So gibt es jetzt nach FreePrints, FreePrints Photobooks und FreePrints Photo Tiles – zunächst nur in den USA – auch FreePrints Gifts.
  • Westwing will offenbar Ernst machen auf der letzten Meile und sucht jetzt Führungskräfte für den Westwing Delivery Service. Zuvor gab es bereits ein Pilotprojekt in München, wo Westwing die Möbel mit einer eigenen Flotte ausgeliefert hatte.
  • Nach 968 Mio. Euro im Vorjahr rechnet Shop Apotheke jetzt für das laufende Jahr statt Umsätzen von 1,2 Mrd. Euro eher mit 1,1 Mrd. Euro. Grund für die gesenkte Wachstumsprognose sind Logistik-Probleme: „Da die Logistikkapazität aktuell geringer als ursprünglich geplant ausfällt, ist die Zielerreichung herausfordernder. Die Umstellung auf die nächste Automatisierungsstufe ist zeitaufwändiger als ursprünglich geplant“, hieß es vom Unternehmen.

Weitere Branchennews und Börsengänge

  • Der US-Lebensmittellieferdienst Instacart, der die Lieferungen bislang direkt in Supermärkten von Partnerhändlern zusammenstellen lässt, will künftig auch Warenlager errichten und betreiben. Dabei will Instacart aber weiter mit Supermärkten kooperieren und wählt somit einen partnerschaftlichen Ansatz, anstatt wie GoPuff oder Gorillas die Wertschöpfungskette komplett selbst in die Hand zu nehmen. Konkret stellt sich Instacart vor, die Warenlager direkt neben oder in der Nähe von Supermärkten zu errichten. Dort sollen dann Roboter die Bestellungen aus einem Sortiment von 10.000 bis 50.000 Produkten kommissionieren.
  • Offizielle Umsatzzahlen gibt es zwar weiter keine, aber dafür hat der US-Schnelllieferdienst Gopuff jetzt in einer weiteren Kapitalrunde die nächste Milliarde von Investoren einsammeln können. Gopuff ist seit bald 8 Jahren auf dem Markt; der deutsche Abklatsch Gorillas hat kürzlich das erste Jahr Revue passieren lassen und freut sich dabei über 2,5 Millionen Bestellungen.
  • Nach Rewe bei Flink will jetzt in Frankreich Carrefour beim Schnelllieferdienst Cajoo einsteigen. Das Unternehmen wurde erst im Februar 2021 gegründet und ist heute bereits in zehn Städten mit 100.000 Kundinnen und Kunden aktiv. Ähnlich wie Gorillas oder Flink in Deutschland ähnelt das Modell von Cajoo dem von GoPuff.
  • Nach Bloomon im April hat der britische Blumenversender Bloom & Wild jetzt auch Bergamotte in Frankreich übernommen und rechnet dieses Jahr mit Umsätzen von 200 Mio. Pfund und mehr
  • Der deutsche Übergrößen-Spezialist Navabi hat nach der Insolvenz und einem Alleingang der beiden Gründer nun einen Käufer gefunden: Navabi geht für 6 Mio. Euro an die australische City Chic Gruppe, die zuletzt bereits weitere Plus-Size-Anbieter in England (Evans) und in den USA (Avenue) aus der Insolvenz übernommen hat und so im abgelaufenen Geschäftsjahr den Umsatz auf 160 Mio. Euro (+33%) steigern konnte
  • Nicht etwa Asos, sondern Sephora übernimmt den britischen Online-Beauty-Versender Feelunique. Feelunique hat sich zuletzt eher schwer getan. Der Kaufpreis soll daher bei überschaubaren 132 Mio. Pfund gelegen haben (bei Umsätzen von zuletzt 104 Mio. Pfund). 
  • Im Bereich Shoptech gab es gleich zwei große Finanzierungsrunden: Das Berliner Startup Contentful sammelt 175 Millionen Dollar von internationalen Investoren ein und steigt mit einer Bewertung von 3 Milliarden Dollar zum Einhorn auf. Das 2013 gegründete Unternehmen hat ein “Headless CMS” entwickelt, also ein vom Backend getrenntes Content Managment System, das mit verschiedenen Commerce-Plattformen harmoniert. Und auch Algolia aus San Francisco bekommt eine Kapitalspritze von 150 Millionen Dollar bei einer Bewertung von 2,25 Milliarden Dollar. Algolia hat eine weltweite führende Such- und Discovery-Technologie u.a. für Online-Shops entwickelt, die über APIs mit anderen Shop-Technologien verbunden werden kann und z.B. bei Chronext zum Einsatz kommt.

Auch der Juli war wieder geprägt von reichlich Börsengängen (auch kleinerer Unternehmen), die wir in folgenden Beiträgen näher beleuchten:

Als nächstes stehen im E-Commerce große Börsengänge u.a. in Indonesien an.

AUSBLICK

Die CAGR (durchschnittliche jährliche Wachstumsrate) der GLORE50 liegt aktuell bei knapp unter 20 Prozent pro Jahr. In der Langzeitprojektion wären somit bis 2025 bis zu 600 Euro drin, wie diese Grafik zeigt:

HÖRTIPP

Viele E-Commerce-Börsengänge der letzten Monate vor allem in Europa und Deutschland haben unser Investorenherz natürlich höherschlagen lassen. Dabei war aber nicht alles Gold was glänzt – insbesondere bei den Bewertungen bzw. Marktkapitalisierungen. Was wir davon halten und wie wir die aktuelle Börsenlage einschätzen, darüber haben wir in unserem aktuellen Podcast GLORE Insights #18 gesprochen. Jetzt hören!

Regelmäßige updates zu den glore50

Wenn Sie die Entwicklungen zu den GLORE50 nicht nur monatlich verfolgen möchten, sondern häufiger: Tägliche Updates und Anmerkungen gibt es auf Instagram bei den GLORE Days sowie regelmäßig bei Exciting Commerce.

Mit herzlichen Grüßen

Jochen Krisch & Sven Rittau
Redaktionelle Mitarbeit: Florian Treiß

Über die #glore50

Die GLORE50 basieren auf dem Global Online Retail Fonds, der am 1. Oktober 2015 auf unsere Initiative hin als bewusst breit gestreuter Branchenfonds für den globalen Online-Handel an den Start gegangen ist. Wir stehen ihm seitdem beratend zur Seite mit Analysen und Einschätzungen, was die Zusammensetzung sowie die Auswahl und Gewichtung relevanter Unternehmen angeht.

Hinweis zum Global Online Retail Fonds

Wir haben den GLORE50 Index, kurz für Global Online Retail Fonds, 2015 mit Unterstützung der E-Commerce-Branche als offenen Branchenfonds für alle initiiert, so dass jeder am Wachstum der Branche partizipieren kann. Unser Fonds-Modell „Von Experten für Experten für Alle“ arbeitet so kostenschonend wie möglich und verzichtet bewusst auf Ausgabeaufschläge, sodass ein An- und Verkauf jederzeit problemlos möglich ist.

Gestartet mit 2,5 Millionen Euro, beträgt das Fondsvermögen aktuell knapp 57 Millionen Euro. Unsere Rolle ist dabei beratender Natur, was die Auswahl, strategische Einordnung und Gewichtung relevanter E-Commerce-Unternehmen angeht. Und so sehr wir uns über die bisherige Entwicklung freuen, sagt die vergangene Entwicklung bei Aktien/Fonds nichts über die zukünftige Entwicklung aus.

Wie investiere ich in den Global Online Retail Fonds?

Der Global Online Retail Fonds hat die Wertpapierkennnummer A14N91, die Sie zunächst über den Broker bzw. die Bank Ihrer Wahl suchen müssen. Anschließend wählen Sie die gewünschte Anlagesumme aus und geben den Kauf frei. Bei ausgewählten Banken und Brokern können Sie auch einen monatlichen Sparplan auf den Global Online Retail Fonds einrichten.

DISCLAIMER: Die Einordnungen im GLORE50 Monthly haben lediglich Informationscharakter und sind nicht als Anlageempfehlungen zu verstehen. Wer sich an der Börse engagiert, sollte sich neben den Chancen stets auch der Risiken bewusst sein.