#GLORE50 MONTHLY – November 2022
Unsere News zu den Wachstumstreibern im globalen Online-Handel
DIE #GLORE50 PERFORMANCE
Nachdem die GLORE50 im Oktober bereits um 1,1% auf 95,88 Punkte zulegen konnten, gab es im November ein noch viel deutlicheres Plus von 8,2% auf 103,76 Punkte. Damit lagen die GLORE50 nach zwei Monaten, die unter der 100er Schwelle endeten, erstmals wieder am Monatsende über 100 Punkten.
In der ersten Monatshälfte des Novembers ging es dabei sogar besonders steil nach oben und die GLORE50 erreichten am 15. November mit 111,29 Punkten ein Zweimonatshoch, also ein Kursniveau, das sie zuletzt Mitte September hatten. Danach ließ die allgemeine Börsenstimmung aber nach und es ging wieder etwas nach unten.
Die große Frage bleibt allerdings, wie das Weihnachtsgeschäft läuft, in das so ziemlich alle Online-Retailer mit gedämpften Erwartungen gegangen sind. Denn schon nach dem Black Friday am 25. November gab es nicht soviele Jubelmeldungen aus der Branche wie in den Vorjahren. Dementsprechend stellt sich für den Jahresanfang 2023 dann auch die Frage, wie die Q4-Ergebnisse der in den GLORE50 enthaltenen Onlinehändler an der Börse ankommen werden.
Und auch allgemein stellt sich für die Börse die Frage, ob es zu einer Jahresendrally kommen wird oder nicht. Denn lief die erste Novemberhälfte ziemlich gut, war die zweite Novemberhälfte schon wieder eher durchwachsen. So haben etwa die Proteste in chinesischen Großstädten gegen die strikten Corona Auflagen die Anleger an der Wall Street verunsichert.
In den letzten Wochen haben letztlich zum Teil widerstrebende Entwicklungen die Kurse bestimmt: die vergleichsweise guten Q3-Ergebnisse (siehe zuletzt u.a. Amazon), die verhaltenen Q4-Ausblicke (siehe auch hier Amazon) und eine Börse, die von einem Zinsschock zum nächsten getrieben wird.
Die aktuelle Kursentwicklung der GLORE50 wie immer im Chart:
Gewinner & Verlierer im November
Die größten Kurssprünge nach oben machten im November folgende Unternehmen:
- Desenio (+120%)
- Pinduoduo (+48%)
- Prosus (+42%)
- JD (+41%)
- Boozt (+40%)
Am anderen Ende gab es diese Flop 5:
- Global Fashion Group (-36%)
- Rent the Runway (-32%)
- Marley Spoon (-23%)
- Jumia (-20%)
- Naked Wines (-16%).
Gegen den Trend mit am meisten gebeutelt hat es im November Amazon (-11%), das jetzt in der Börsenbewertung erstmals seit langem wieder unter der Billionen-Marke liegt. Vor allem die chinesischen Aktien wie JD und Pinduoduo konnten im November mehr als wettmachen, was sie im Oktober verloren hatten.
NEWS Von unternehmen aus den glore50
- Zalando ist in der Krise wie üblich als erstes auf die Bremse getreten und fährt seitdem einen harten Sparkurs auf Kosten des Wachstums. So schreibt Zalando in der Quartalsmitteilung: „Zalando konzentriert sich weiterhin darauf, die Profitabilität zu sichern. Durch den neuen Mindestbestellwert haben Kund*innen das Bestellvolumen erhöht oder die Versandgebühr bezahlt. Bestellungen unterhalb des Mindestbestellwerts sind hierdurch nun profitabel.“ Trotzdem kann sich Zalando jetzt erstmals über 50 Millionen aktive Kundinnen freuen und verfügt über ein Cashpolster von 1,5 Mrd. Euro.
- Derweil hat Zalando nach dem Curated-Shopping-Service Zalon nun auch seinen Second-Hand-Ableger Zircle eingestampft. Second Hand soll aber dafür im Hauptangebot von Zalando weiter eine große Rolle spielen und wir mittlerweile auch in den stationären Outlets angeboten. Dafür hat sich der Zukauf Highsnobiety zum ganzen Stolz von Zalando entwickelt: So hat Zalando beim Quartals-Call schon mal voller Stolz die ersten Beispiele seiner „multi-year vision“ „for a truly inspiring customer experience“ präsentiert, die bereits zusammen mit Highsnobiety umgesetzt wurden. Dabei gab es allerdings mehr Buzzwords als wirklich aussagekräftige Details.
- Nach dem Coup mit Net-a-Porter (siehe auch die Exchanges #308) hat sich Farfetch für 2025 ein GMV von 10 Mrd. Dollar vorgenommen und schwärmt dabei von einer „>$100 Billion Opportunity“. Aber der Weg zu neuem Wachstum wird kostspielig sein: Das Wachstum soll teilweise aus neuen Partnerschaften stammen wie denen mit Richemont, Neiman Marcus oder Reebok, die zunächst rund 170 Millionen Dollar an Implementierungskosten verursachen dürften, so das Unternehmen. An der Börse kam die Aussicht auf hohe Investitionen allerdings schlecht an und der Farfetch-Aktienkurs sank auf ein Allzeittief.
- Chinas strenge Zero-Covid-Politik schadet weiterhin dem Handel mit Luxusprodukten im Reich der Mitte. Doch das hält den Münchner Online-Händler Mytheresa nicht davon ab, seine China-Expansion voranzutreiben. Bereits im März dieses Jahres startete Mytheresa einen Shop auf der chinesischen E-Commerce-Plattform JD.com und hat auch ein Büro in Shanghai eröffnet. Mit der neuen Initiative „China Designer Program“ will Mytheresa nun zudem Beziehungen zur chinesischen Modeindustrie knüpfen, um so auch einheimische Produkte anbieten zu können. Die Initiative wurde nun im Rahmen der Quartalszahlen vorgestellt, laut denen Mytheresa im abgelaufenen Quartal sein Handelsvolumen um 20,8 Prozent auf 197,9 Millionen Euro steigern konnte.
- Pinduoduo, bislang fast ausschließlich in China aktiv, hat in den USA den Webshop Temu gestartet und diesen gleich mal offensiv mit dem Slogan „Everyday Is Black Friday“ beworben. Wie auch bei Shein findet der Billigansatz gepaart mit Influencer-Kooperationen bei preisbewussten Verbraucher*innen bislang großen Anklang. Angesichts von 882 Millionen Kund*innen in China kann Pinduoduo im Heimatmarkt kaum noch Wachstum erzielen und expandiert vermutlich deshalb international. Spannend wird jedoch sein, wie lange Chinas staatsgelenkte Online-Player international noch willkommen sind.
- Als gäbe es noch nicht genügend langweilige Online-Shops, will jetzt auch Westwing einer werden. Offenbar bot Westwing seinen Stammkundinnen zuletzt zu wenig Inspiration (und attraktive Angebote) und will das Problem jetzt lösen, indem es statt der Kampagnen das stehende Sortiment in den Vordergrund rückt. Obendrein hat Westwing auch noch einen ersten stationären Store eröffnet, und zwar am Hamburger Jungfernstieg. Wie sinnhaft diese Strategie ist, erklärt der neue CEO Dr. Andreas Hoerning im Cheftreff Podcast #133 hier.
Zur Erinnerung: Rivale Home24 hatte für uns an Reiz verloren, als es sich durch den Butlers-Kauf vom Pure Player zum Multichannel-Anbieter entwickeln wollte und sich eine große Menge Filialen als Klotz ans Bein schnürte. - Ocado fasst mit seiner Backbone-Strategie jetzt auch in Südkorea Fuß und kooperiert dort mit Lotte Shopping. Die Vereinbarung sieht den Aufbau eines landesweiten Fulfillment-Netzwerks mit sechs Standorten bis 2028 vor. Dabei soll es auch erstmals mehrstöckige Fulfillment-Zentren geben. Ocado will aber nicht nur der globale Infrastrukturprovider für den (Online-)Lebensmittelhandel werden, sondern fördert zugleich auch den globalen Erfahrungsaustausch seiner Partner im sog. Leadership Club, der neben Lotte in Südkorea u.a. auch Kroger in den USA, Casino in Frankreich oder ICA in Schweden umfasst.
- Amazon tut sich schwer, für seine Alexa-Devices ein tragfähiges Geschäftsmodell zu finden – oder wie Ars Technica gerade zusammenfasst: „Would you pay a monthly fee for voice commands? – Amazon Alexa is a “colossal failure,” on pace to lose $10 billion this year“. Am liebsten würde Amazon ja, ähnlich wie beim Kindle, lieber mit der Nutzung als mit dem Verkauf der Geräte Geld verdienen.
Weitere Branchennews
- Der chinesische Fast-Fashion-Riese Shein will in diesem Jahr offenbar Waren im Wert von 24 Milliarden Dollar verkaufen, berichtet das „Wall Street Journal“. Dadurch rückt das erst vor zehn Jahren gegründete Unternehmen beim Handelsvolumen immer näher an H&M aus Schweden und Zara aus Spanien. Um künftig noch schneller Käuferinnen in den USA zu beliefern, richtet Shein Logistikzentren im Mittleren Westen und in Kalifornien ein – eine deutliche Abkehr von der bisherigen Praxis von Shein, jede Bestellung direkt aus China in die USA zu senden. Und auch in Europa macht sich Shein breiter und richtet gerade in Polen sein erstes europäisches Logistikzentrum ein. Laut Stellenanzeigen will Shein zudem künftig auch Mode in der Türkei produzieren lassen.
- In der Möbelbranche zieht die Pleite von Made.com weiter Kreise. So hat sich die Einzelhandelskette Next das Beste von Made.com quasi unter der Hand geschnappt und Made.com dann schneller auf die eigene Seite umgeleitet, als man schauen konnte. Was Kunden und Lieferanten jetzt erwartet, haben wir hier zusammengefasst.
- Der niederländische Online-Supermarkt Picnic ist gerade auf großem Expansionskurs und will Deutschland bis 2025 komplett abdecken. So will Picnic jetzt nach Berlin auch in Hamburg angreifen und hat im November Einblicke in die Expansionspläne gegeben.
- Apodiscounter tritt seit einem Jahr als Apo.com Group gegen die Mega-Apotheken an und rechnet dieses Jahr mit Umsätzen von 260 Mio. Euro (+30%). Kommendes Jahr soll dann nicht mehr nur Apodiscounter im Fokus stehen, sondern auch als zweite wichtige Marke apo.com mit dem Schwerpunkt, chronisch kranke Patienten zu versorgen.
- Bei Momox hat Gründer Christian Wegner irgendwann kalte Füße bekommen, will aber jetzt „letztendlich“ nochmal „dasselbe machen“. Was als Wisemarkt begonnen hat, hat jetzt mit Stuffle seinen endgültigen Namen bekommen. Stuffle war 2012 in der ersten großen Second-Hand-Welle als Flohmarkt-App an den Start gegangen, damit aber nicht weit gekommen. Sowohl für Stuffle als auch für Christian Wegner ist es also der zweite Anlauf. Außerdem ist er mittlerweile bei Mädchenflohmarkt und bei Vite EnVogue an Bord.
- Bei einem Einbruch in einen Tresor in Berlin haben Diebe rund tausend Luxusuhren im Wert von rund zehn Millionen Euro erbeutet. Doch als ob der Diebstahl selbst nicht schlimm genug für Watchmaster wäre, so muss der Online-Luxusuhrenhändler deswegen Insolvenz anmelden. Zwar waren die Uhren, die größtenteils noch den Kunden von Watchmaster gehörten und auf Kommission verkauft werden sollten, versichert. Watchmaster dagegen erhält bloß den Einkaufspreis seiner eigenen Uhren zurück, „was aber bei weitem nicht das abdeckt, was bereits in Aufbereitung und Zertifizierung sowie Marketing investiert wurde“, so die Firma. Zudem seien durch den Diebstahl Zukunftsumsätze und Margen weggebrochen. Daher hat das Unternehmen nun den Insolvenzantrag gestellt.
- Das Modelabel Forever 21 hat einen smarten Weg gefunden, neue Ideen für Kleidung zu testen, bevor sie in Produktion gehen: Virtuelle Kleidung im Onlinespiel Roblox, das sich selbst mittlerweile gern als Metaverse bezeichnet. Eine schwarze Mütze, die Forever 21 bei Roblox für 70 Cent als virtuelles Bekleidungsstück für Avatare anbietet, hat sich mit bald 1,5 Millionen Verkäufen zu einem der leistungsstärksten Artikel der Marke aller Zeiten entwickelt. Genau diese Mütze wird Forever 21 nun auch als echte Mütze produzieren, zudem werden noch weitere bei Roblox erfolgreiche Items nun auch als physische Produkte hergestellt.
Hörtipps
Bei Exciting Commerce arbeiten wir jetzt (wieder) mit 🔥 Hot Topics, unseren aktuellen Fokusthemen, die auch direkt im Headerbereich direkt auf https://excitingcommerce.de zu finden sind. Neu ist auch der 📌 Media Saturn Tracker, da Media Saturn nach der Bereinigung des Gesellschafterstruktur vor Umbrüchen steht. Zudem tracken wir sehr intensiv 📌 die Entwicklungen im Online-Lebensmittelhandel, allen voran die Ambitionen der KOPF-Anbieter (Knuspr, Oda, Picnic und Flaschenpost).
Dazu passend sprechen Jochen Krisch und Marcel Weiß in den Exchanges #315 über unsere derzeitigen Hot Topics:
- die Home24-Übernahme in der heißen Phase
- die Made.com Pleite in der Nachbetrachtung
- Flaschenpost vs. Picnic
- Wie steht’s um Media Saturn?
Regelmäßige updates zu den glore50
Wenn Sie die Entwicklungen zu den GLORE50 nicht nur monatlich verfolgen möchten, sondern häufiger: Tägliche Updates und Anmerkungen gibt es auf Instagram bei den GLORE Days sowie regelmäßig bei Exciting Commerce.
Mit herzlichen Grüßen
Jochen Krisch & Sven Rittau
Redaktionelle Mitarbeit: Florian Treiß
Über die #glore50
Die GLORE50 basieren auf dem Global Online Retail Fonds, der am 1. Oktober 2015 auf unsere Initiative hin als bewusst breit gestreuter Branchenfonds für den globalen Online-Handel an den Start gegangen ist. Wir stehen ihm seitdem beratend zur Seite mit Analysen und Einschätzungen, was die Zusammensetzung sowie die Auswahl und Gewichtung relevanter Unternehmen angeht.
Hinweis zum Global Online Retail Fonds
Wir haben den GLORE50 Index, kurz für Global Online Retail Fonds, 2015 mit Unterstützung der E-Commerce-Branche als offenen Branchenfonds für alle initiiert, so dass jeder am Wachstum der Branche partizipieren kann. Unser Fonds-Modell „Von Experten für Experten für Alle“ arbeitet so kostenschonend wie möglich und verzichtet bewusst auf Ausgabeaufschläge, sodass ein An- und Verkauf jederzeit problemlos möglich ist. Gestartet mit 2,5 Millionen Euro, beträgt das Fondsvermögen aktuell 21 Millionen Euro (Stand: 31. Mai 2022).
Wie investiere ich in den Global Online Retail Fonds?
Der Global Online Retail Fonds hat die Wertpapierkennnummer A14N9A9, die Sie zunächst über den Broker bzw. die Bank Ihrer Wahl suchen müssen. Anschließend wählen Sie die gewünschte Anlagesumme aus und geben den Kauf frei. Bei ausgewählten Banken und Brokern können Sie auch einen monatlichen Sparplan auf den Global Online Retail Fonds einrichten.
DISCLAIMER: Die Einordnungen im GLORE50 Monthly haben lediglich Informationscharakter und sind nicht als Anlageempfehlungen zu verstehen. Wer sich an der Börse engagiert, sollte sich neben den Chancen stets auch der Risiken bewusst sein.