#GLORE50 MONTHLY – Dezember 2022
Unsere News zu den Wachstumstreibern im globalen Online-Handel
DIE #GLORE50 PERFORMANCE
Es lässt sich leider nicht schönreden: Der Kurs der GLORE50 ging im Kalenderjahr 2022 steil nach unten – und zwar von 221,89 Punkten am 31. Dezember 2021 auf nunmehr nur noch 100,80 Punkte. Das ist leider ein Minus von 55%. Dabei haben die GLORE 50, unser Fonds mit den Top-Playern aus dem globalen Online-Handel, im 4. Quartal 2022 sogar wieder etwas an Boden gut gemacht: Zum Ende des 3. Quartals 2022 war der Kurs auf 94,83 Punkte gefallen, was damals ein 12-Monats-Minus von 64% bedeutete.
Damit stehen die GLORE50 nach einem katastrophalen Börsenjahr zum Jahreswechsel so schlecht da wie noch nie seit dem Start im Oktober 2015. Es ist wie bei Monopoly das allseits bekannte „Gehen Sie zurück auf los, streichen sie keine 400 Euro ein“. Doch das liegt nicht an uns Fonds-Machern, denn unser Ansatz war immer, den globalen E-Commerce in seiner Breite abzubilden und nur Unternehmen in den Fonds aufzunehmen, die eine gewisse Größe erreicht haben und gekommen sind, um zu bleiben. So spiegelt der GLORE50-Kurs letztlich „nur“ die -Börsen-Performance der aktuell 55 enthaltenen Unternehmen von A wie Amazon bis Z wie Zalando wider.
Zur Einordnung muss man wissen, dass die allgemeine Börsenstimmung 2022 so schlecht wie schon lange nicht war. Das lag unter anderem am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, den nach wie vor gestörten Lieferketten, der restriktiven Zero-Covid-Politik in China, der weltweit hohen Inflation und der Zinspolitik der Notenbanken. Dass es 2022 an der Börse schlecht lief, zeigt die Performance großer Aktien-Indizes: Der Technologie-lastige Nasdaq100 gab im Laufe des Jahres um 33% nach, der breiter gestreute US-Index S&P 500 verlor 19% an Wert und der deutsche Leitindex Dax machte ein Minus von 14%.
War also schon die allgemeine Börsenentwicklung ziemlich negativ, so kamen E-Commerce-Aktien an der Börse im nun abgelaufenen Jahr noch schlechter an, nachdem sie am Anfang der Corona-Krise zwischen Frühjahr 2020 und Frühjahr 2021 eine enorme Rallye hingelegt hatten. Und so traf es fast jedes der in den GLORE50 vertretenen Unternehmen beim Börsenkurs ziemlich heftig, siehe auch unsere Auswertung zu Gewinnern und Verlierern des Jahres im nächsten Abschnitt.
Die aktuelle Kursentwicklung der GLORE50 wie immer im Chart:
Gewinner & Verlierer im Kalenderjahr 2022
2022 gab es unter den E-Commerce-Aktien nur einen wirklich großen Gewinner: Pinduoduo mit +40%. Mit reichlich Abstand folgt Poshmark (+1%), das gerade vom südkoreanischen Onlineriesen Naver übernommen wird.
Alle weiteren 50 Titel, die das gesamte Kalenderjahr 2022 Bestandteil der GLORE50 waren, erlitten hingegen Kursverluste, so dass selbst die Top 10 der Firmen mit der besten Kursperformance acht Titel enthält, deren Börsenkurse zurückgegangen sind. Selbst Amazon, seit Jahren der Benchmark im Onlinehandel, verlor an der Börse rund die Hälfte seiner Bewertung und landete damit immerhin noch auf Platz 11 unserer Performance-Liste. Alle Titel hinter Amazon im Ranking erlitten hingegen Kursverluste von mehr als 50 Prozent.
Die drastische Abwertung von E-Commerce-Aktien führt dazu, dass viele Titel aktuell zu einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von 0,2 bis 0,3 erhältlich sind, während noch ein Jahr früher ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von deutlich über 1,0 bei den Bewertungen üblich war.
Dabei kann man nur immer wieder betonen: Die GLORE50-Mitglieder stehen operativ bestens da und nahezu alle Firmen lagen 2022 deutlich über dem Umsatz des Vor-Corona-Jahres 2019. Doch die Börse achtet derzeit vor allem auf Profitabilität und vermisst das starke Umsatzwachstum im E-Commerce aus den Vorjahren. Denn der simple Vorjahresvergleich attestiert vielen Firmen eine Umsatzstagnation oder gar einen Umsatzrückgang zwischen 2021 und 2022. Dabei zeigt die langfristige Umsatzkurve weiter nach oben und viele Firmen konnten – über mehrere Jahre hinweg betrachtet ihre – Umsätze weiter jährlich um 20 bis 25 Prozent steigern.
Sämtliche Titel und Ihre Entwicklungen hier im Überblick – die letzte Spalte zeigt jeweils die Kursentwicklung innerhalb des Jahres 2022, die Spalten davor die Vorjahre.
NEWS von Unternehmen aus den GLORE50
- Der Online-Modehändler About You ist aus dem Börsenindex SDax herausgefallen. Das liegt an einem Domino-Effekt durch den Börsengang des Autobauers Porsche im September. Angesichts des enormen Börsenwerts von knapp 100 Milliarden Euro wurde Porsche schnell in den Leitindex Dax aufgenommen und hat dafür gesorgt, dass der Sportartikeler Puma in den kleineren MDax rutscht, dadurch der Batteriehersteller Varta in den Nebenwerteindex SDax abrutscht – und About You aus dem SDax fliegt.
- Fashionette bekommt einen neuen Hauptaktionär: The Platform Group, das Schuhe24 und diverse weitere Online-Marktplätze selbst aufgebaut und auch übernommen hat. The Platform Group hat sich die 38,5% der Fashionette-Anteile des bisherigen Hauptaktionärs Genui geschnappt. Über den Kaufpreis ist nichts bekannt. Aber selbst wenn The Platform Group das Doppelte bis Dreifache der jüngsten Bewertung gezahlt hat, hat es nicht mehr als 30 Mio. Euro gezahlt. Ob The Platform Group nun Fashionette nur als Beteiligung halten oder komplett übernehmen will, ist offen.
- Zalando will seinen Vorstand umbauen, der ohnehin überbesetzt war, und trennt sich vom umstrittenen Jim Freeman. Dadurch umfasst der Vorstand künftig noch fünf Personen, was aber eigentlich immer noch zuviel ist. Zwar wird die Frauenquote im Vorstand dann bei immerhin 40 Prozent liegen, doch der Vorstand war zuvor mit neuen Positionen extra für Frauen erweitert worden, während die männliche Vorstände nicht ins zweite Glied rücken wollten.
- Rent the Runway hat nach Bekanntgabe seiner jüngsten Quartalszahlen einen satten Kursprung von 70% hingelegt. Wie so viele hat auch Rent the Runway zuletzt ein Sparprogramm aufgelegt. Allerdings scheint es das Geschäft dabei nicht annähernd so stark abwürgen zu müssen wie Stitch Fix: Statt der erhofften 300 Mio. Dollar rechnet Rent the Runway jetzt mit Umsätzen von 294 Mio. Dollar (+45%).
- Das eRezept soll jetzt Mitte 2023 kommen. Das treibt DocMorris und Zur Rose auch heute nochmal um 13% nach oben.
- Die Bygghemma Group (BHG) aus Schweden hat sich an der Börse eine Kapitalspritze von umgerechnet knapp 75 Mio. Euro geholt (zu einer Bewertung von unter 350 Mio. Euro). Die Kapitalspritze ging dabei auf Kosten der anderen Aktionäre, deren Anteile stark verwässert wurden. BHG hatte sich im Sommer von seinem CEO getrennt, dann keinen Nachfolger gefunden und will/muss jetzt mit der Interimslösung weiterarbeiten. Außerdem hat sich BHG eine neue Struktur (im Möbelsegment) gegeben.
Weitere Branchennews
- Der Schnell-Lieferdienst Gorillas aus Berlin wird vom türkischen Quick-Commerce-Pionier Getir übernommen. Getir zahlt dafür mit 12% seiner Anteile. Der „Zukauf“ von Gorillas passt zur bisherigen Übernahmestrategie von Getir („Getir schnappt sich auch Weezy in England“). Getirs Umsatz soll 2021 bei 466 Mio. Dollar gelegen haben – bei einem Verlust von 587 Mio. Dollar.
- Mit reichlich Verspätung hat der Lebensmittellieferdienst Picnic aus den Niederlanden einige Geschäftszahlen offengelegt: Demnach konnte Picnic in 2021 um 58% auf 719 Mio. Euro wachsen. Davon entfielen 165 Mio. Euro auf Deutschland. Fürs nun abgeschlossene Jahr 2022 hat Picnic demnach 280 Mio. Euro Umsatz in Deutschland angepeilt.
- Mit Angaben zur Umsatzentwicklung hielten sich die Quick-Commerce-Anbieter bisher zurück. Das ändert sich nun offenbar: Flink prescht jetzt vor und hat sich 2022 laut Financial Times verfünffachen können – von 80 Mio. Euro auf 400 Mio. Euro Nettoumsatz. Die Hälfte davon kommt aus Deutschland.
- XXXLutz hat einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zur kompletten Übernahme von Home24 geschafft: Knapp 92,7% der Home24-Aktionäre haben das Angebot von XXXLutz angenommen, 7,3% behalten ihre Anteile fürs erste und spekulieren womöglich darauf, dass XXXLutz sein Angebot verbessert. Erreicht XXXLutz die Marke von 95,0% der Anteile, so kann es die verbliebenen Home24-Aktionäre per Squeeze-Out-Verfahren herausdrängen.
- Einst einer der Shooting Stars im deutschen E-Commerce, musste Keller Sports Insolvenz anmelden. Der Geschäftsbetrieb läuft weiter und Keller Sports peilt eine Sanierung in Eigenverwaltung an. Keller Sports hatte nach deutlichen Verlusten auch während des Corona-Booms im Online-Handel dringend eine Geldspritze gebraucht. Doch ein Deal mit einer Beteiligungsgesellschaft war in letzter Sekunde geplatzt. Ein möglicher Kaufinteressent für Keller Sports könnte z.B. Signa Sports United sein, das weiter durch Akquisitionen wachsen will.
- Auch Relaxdays, Onlinehändler für Produkte aus Bereichen wie Wohnen, Garten, Sport und Freizeit, zählt inzwischen zu den Großen im Online-Handel. Die Umsätze sind 2020 auf 90 Mio. Euro (+80%) gestiegen. 2021 rechnete Relaxdays laut dem jüngsten Jahresabschluss mit 130 Mio. Euro, neuere Zahlen sind bislang nicht bekannt. Das Unternehmen aus Halle/Saale ist damit einer der E-Commerce-Leuchttürme aus Ostdeutschland.
Die Themen des Jahres auf Exciting Commerce
- Kein Thema hat 2022 unsere Leser so sehr interessiert wie die Pleite von Made.com, die gleich die ersten 4 Plätze der Jahrescharts auf Exciting Commerce belegt. 30.000 Kunden gehen wohl leer aus.
- Das zweite große Thema war der Strategiewechsel von Flaschenpost („Wie sich Flaschenpost mit Lebensmitteln seinen Ruf ruiniert“): Wie lange hält Oetker an Flaschenpost fest, das mittlerweile in Umsatzregionen von 300 Mio. Euro liegen dürfte?
- Und dann war da noch der überstürzte Rückzug von AO aus dem deutschen Markt.
- Spannend bleibt, was aus Hermes wird, und welche Chancen dem Online-Handel die mehr als überfällige Pleitewelle im stationären Handel eröffnet.
Hörtipps
In einer Crossover-Folge zwischen ChefTreff und GLORE Insights blicken Jochen Krisch und Sven Rittau auf das E-Commerce-Börsenjahr 2022 zurück. Auch wenn es für alle E-Commerce-Aktien bergab ging, so macht eine schlechte Bewertung an der Börse längst nicht automatisch ein schlechtes Unternehmen aus, sind sich die beiden GLORE50-Macher einig. Denn zahlreiche Player des Onlinehandels, wie etwa Zalando oder Amazon, haben sich operativ gut geschlagen und die Krise gemeistert. Wie ihnen das gelungen ist und was das kommende Jahr bringen könnte, verrät dieser Podcast.
In Teil 1 des Podcasts erfahren Sie,
📌..weshalb Jochen trotz des vergangenen Börsenjahres zuversichtlich gestimmt ist
📌..weshalb Unternehmen auch unter den aktuellen Umständen etwas wagen sollten
📌..welche E-Commerce-Player die Krise gut meistern und wie ihnen das gelingt
In Teil 2 des Podcast lernen Sie,
📌..worauf sich E-Commerce-Player im kommenden Jahr einstellen sollten
📌..wie das Jahr 2022 für Hype-Trends wie Quick Commerce lief
📌..welche Nachteile ein verändertes Geschäftsmodell bergen kann
Den Podcast können Sie überall anhören und abonnieren, wo es Podcasts gibt, zum Beispiel bei Spotify oder bei Soundcloud.
Was kommt nach Corona? und Kann der Online-Handel Wirtschaftskrise? Das waren die großen Fragen 2022, im 10. Jahr der Exchanges. Neben Innovationsthemen haben wir uns aber auch wieder viele Unternehmen angesehen und uns dabei u.a. gefragt, wie sich neue Geschäftsmodelle weiterentwickeln lassen.
Eine Playlist mit den Exchanges-Folgen 2022 finden Sie hier.
Regelmäßige Updates zu den GLORE50
Wenn Sie die Entwicklungen zu den GLORE50 nicht nur monatlich verfolgen möchten, sondern häufiger: Tägliche Updates und Anmerkungen gibt es auf Instagram bei den GLORE Days sowie regelmäßig bei Exciting Commerce.
Mit herzlichen Grüßen
Jochen Krisch & Sven Rittau
Redaktionelle Mitarbeit: Florian Treiß
Über die #GLORE50
Die GLORE50 basieren auf dem Global Online Retail Fonds, der am 1. Oktober 2015 auf unsere Initiative hin als bewusst breit gestreuter Branchenfonds für den globalen Online-Handel an den Start gegangen ist. Wir stehen ihm seitdem beratend zur Seite mit Analysen und Einschätzungen, was die Zusammensetzung sowie die Auswahl und Gewichtung relevanter Unternehmen angeht.
Hinweis zum Global Online Retail Fonds
Wir haben den GLORE50 Index, kurz für Global Online Retail Fonds, 2015 mit Unterstützung der E-Commerce-Branche als offenen Branchenfonds für alle initiiert, so dass jeder am Wachstum der Branche partizipieren kann. Unser Fonds-Modell „Von Experten für Experten für Alle“ arbeitet so kostenschonend wie möglich und verzichtet bewusst auf Ausgabeaufschläge, sodass ein An- und Verkauf jederzeit problemlos möglich ist. Gestartet mit 2,5 Millionen Euro, beträgt das Fondsvermögen aktuell 17,7 Millionen Euro (Stand: 29. Dezember 2022).
Wie investiere ich in den Global Online Retail Fonds?
Der Global Online Retail Fonds hat die Wertpapierkennnummer A14N91, die Sie zunächst über den Broker bzw. die Bank Ihrer Wahl suchen müssen. Anschließend wählen Sie die gewünschte Anlagesumme aus und geben den Kauf frei. Bei ausgewählten Banken und Brokern können Sie auch einen monatlichen Sparplan auf den Global Online Retail Fonds einrichten.
DISCLAIMER: Die Einordnungen im GLORE50 Monthly haben lediglich Informationscharakter und sind nicht als Anlageempfehlungen zu verstehen. Wer sich an der Börse engagiert, sollte sich neben den Chancen stets auch der Risiken bewusst sein.